Diese Seite ist veraltet. Wir sind jetzt DEPT®. Besuchen Sie uns dort, um zu sehen, wie wir arbeiten.
Zu DEPT® gehen
|

Herausforderungen für Hersteller durch das Cross-Border Sourcing von Amazon

Mit jedem europäischen Land in dem Amazon aktiv wird, zuletzt mit dem Start in den Niederlanden (vorerst als Übersetzung der deutschen Seite), ergibt sich eine neue Herausforderung für Hersteller und Marken bzw. Vendoren - europaweites Sourcing in Kombination mit ebenfalls europaweiten Umlagerungen bei Amazon. Bei Amazon wird länderübergreifend eingekauft. Ware wird täglich zwischen den aktuell 30 europäischen FCs (Fulfillment Center) hin und her gefahren. Die Hersteller senken Kosten, indem sie ihre Produkte möglichst international verwendbar gestalten. Adapter für unterschiedliche Steckdosen, mehrsprachige Verpackungen und Bedienungsanleitungen führen dazu, dass ein Produkt mit identischer EAN sowohl in Deutschland als auch in Italien oder Spanien verkauft werden kann. Aufgrund der einen EAN wird bei Amazon daraus ebenfalls genau eine ASIN (Amazon Standard Identification Number). Die Artikeldetailseiten werden lediglich für jedes Land übersetzt. Ergebnis dieser Gemengelage sind oft Veränderungen der Verkaufspreise auf Amazon. Zwei Beispiele:
  • Hersteller A ist Marktführer in Deutschland und ist sehr darauf bedacht, seine hochpreisige Marke sauber zu verkaufen. Entsprechend sind seine hiesigen Einkaufspreise kalkuliert. Der Wettbewerb in Deutschland ist dennoch aggressiv, entsprechend groß sind die Margenprobleme des Handels, online ist eine Abwärtsspirale der Preise zu beobachten. Amazon Preise sinken nur bis zu einer definierten Profitabilitätsgrenze, ab der man die Buy Box und damit den Umsatz der internen Konkurrenz überlässt. Direkter Umsatz zwischen Vendor und Amazon fehlt dadurch. Gleichzeitiges Ziel von Hersteller A ist es, in Italien massiv Marktanteile zu gewinnen. Die Marke wird deutlich günstiger positioniert, die italienischen Einkaufspreise liegen deutlich unter denen in Deutschland.
  • Hersteller B ist in einer ähnlich wettbewerbsintensiven Situation in Deutschland. Er will seinen Umsatz in Spanien ankurbeln und finanziert durch einen EK Nachlass eine „20% auf alles“ Promotion auf amazon.es.
Amazon_Preise_Länder Amazon vergleicht bei jeder Bestellung sämtliche im System hinterlegten Preise. Zudem sind sämtliche europäischen Bestände mit dem entsprechenden Wert sichtbar. Aufgrund des günstigeren Einkaufspreises in Italien wird die Ware von Hersteller A ab sofort direkt dort bestellt. Durch den nun günstigeren Warenwert hat Amazon in Deutschland nun wieder größeren Spielraum. Die Profitabilitätsgrenze verschiebt sich nach unten - der Preis sinkt weiter. Amazon sieht im zweiten Beispiel die spanische Ware von Hersteller B mit dem günstigeren Warenwert und veranlasst ein Transshipment vom spanischen in ein deutsches Lager. Die Folge ist dieselbe - der Verkaufspreis in Deutschland gerät unter Druck. Diese cross-border Thematik kann nicht nur zu Preisirritationen führen. Niedrige Händlermarge bei Topsellern, verbunden mit relevanten EK Unterschieden führen schnell zu beachtlichen Umsatzverlagerungen ins europäische Ausland. Die Performance des deutschen Lieferanten wird von Amazon bei sinkendem Direktumsatzanteil (amazon.de bestellt direkt beim Vertragspartner) negativ bewertet. Das Risiko der Nichterreichung von Umsatzzielen steigt. Nicht nur für den Hersteller, auch für Amazon birgt dieser Prozess Risiken. Für Deutschland verhandelte Volumenboni gelten in der Regel nur für direkte EK Volumina. Größere Verschiebungen sowohl von Direkteinkäufen als auch Umlagerungen führen nicht selten zu Verwerfungen im Bereich Bestände und Verfügbarkeit. Europäische Landesgesellschaften der Hersteller werden leer gekauft, während gleichzeitig in Deutschland Überbestände aufgebaut werden. Am Ende landen diese Überbestände dann rabattiert in anderen Kanälen, was wiederum Vorschub für eine negative nationale Preisspirale leistet. Es gibt mehrere Ansätze, mit diesen europäischen Herausforderungen umzugehen. Allen geht jedoch ein wichtiger Schritt voran: eine ehrliche Bestandsaufnahme, welche sämtliche Vertriebskanäle und Ländergesellschaften umfasst und einbezieht. Oft ist es so, dass die Länder innerhalb eines Unternehmens in Konkurrenz zueinander stehen. Wenn der belgische Key Accounter “Mitarbeiter des Jahres” wird, weil er es am besten verstanden hat, deutsche Ware zum niedrigsten Preis zurück nach Deutschland zu verkaufen, wird es schwer mit einer europäischen Strategie. Außerdem ist es wichtig, bei allen nationalen Strategien und Entscheidungen, sei es Preisniveau, Sortimentspolitik oder Marketing, auch die internationalen Auswirkungen zu bedenken. Lösungsansatz 1: Vereinheitlichungen von Konditionen und Preisen: Auch wenn die Kaufkraft in Spanien mittelfristig nicht dieselbe sein wird wie in Deutschland - es muss nach einer Möglichkeit gesucht werden, für Amazon die Attraktivität von Transshipments zu minimieren. Es gilt, die richtige Balance von EK Preisen und nachgelagerten Konditionen für jedes einzelne Land zu finden. Lösungsansatz 2: länderspezifische Angebote: kleinere Online Händler kaufen gerne osteuropäische Ware, packen manuell eine selbstgedruckte deutsche Bedienungsanleitung dazu und verkaufen diese Neuware zu günstigen Preisen. Amazon tut das nicht. Daher könnte es eine Überlegung wert sein, für die wichtigsten Märkte wieder eigene EANs zu vergeben oder mit landesspezifisch exklusiven Features zu arbeiten. Lösungsansatz 3: Serial Number Tracking: das Nachvollziehen von Warenströmen ist immer eine hochaufwendige Aufgabe. Ein funktionierendes Tracking der Seriennummer durch alle Handelsebenen hindurch ist nicht von heute auf morgen umgesetzt, bringt jedoch im Umgang mit Amazon auf längere Sicht deutlich mehr Transparenz. Eine Argumentation aufgrund belastbarer Daten ist in diesem Fall Gold wert. Amazon setzt konsequent auf die Europäisierung seiner Warenströme. Der durch fehlende europaweite Strategien in Teilen der Industrie entstandene Vorteil wird ebenso konsequent ausgenutzt. Dies kann man verurteilen oder als Chance begreifen. Amazon legt diese längst existierende Herausforderung letztlich nur offen und bringt Hersteller dazu, sich mit der Thematik endlich auseinanderzusetzen.